Tesla Model 3 im eintägigen Praxistest Folge 01

Tesla Model 3 - elektroautor.com

Das Model 3 ist sicher der begehrteste Tesla aller Zeiten – lange bevor die meisten in je live gesehen haben. Und wie das bei „Objekten der Begierde“ ist – man kennt das von Firmen wie Apple & Co – können es viele nicht erwarten, bis es endlich so weit ist. So auch David und Christian Gruber von G-Electric, einem Startup für Marken-unabhängige Elektroauto-Beratung und Vertrieb selbiger. Sie haben es bereits vor Monaten gewagt, eine US-Version des Model 3 direkt in den USA zu erwerben und mit dem Container nach Europa zu importieren. Und wie sich der angebliche „Tesla fürs Volk“ anfühlt, erfährt ihr hier.

Das 3.240-ige Model 3, das gebaut wurde

In Amerika gingen die begehrten Mittel-Klasse-Stromer bereits im Sommer 2017 an die ersten glücklichen Kunden. Unsereins in Europa muss sich weiterhin gedulden. Laut meiner eigenen Reservierung soll es Anfang 2019 so weit sein. Glücklicherweise hatte ich Ende September die Möglichkeit dieses Model 3, welches als 3.240-iges in Amerika vom Band lief, einen Tag in Salzburg und Umgebung in einem Schnelltest live zu erleben (aus zeitlichen und beruflichen Gründen erscheint der Bericht leider so sehr verspätet). Gemeinsam mit Tesla-Enthusiasten wie Tesla-Tina und den Vloggern von ECARIO verunsicherten wir die Straßen von Hallein bis rauf aufs Rossfeld (Panoramastraße in Bayern). Bei perfekten Wetterbedingungen cruisten wir emissionsfrei über die dortigen Serpentinen auf und ab und konnten uns so von der Alltagstauglichkeit des Model 3 ein sehr gutes Bild machen.

Model 3 US-Version und die Europa-Variante

Natürlich ist ein US-Import des Model 3 genauso ein Model 3 wie eine später erscheinende EU-Version. Karosserie, Innenraum und Basis-Ausstattung sind klarerweise identisch. Dennoch gibt es einige nennenswerte Unterschiede. So ist die Steckerbuchse fürs Aufladen nicht mit unseren Typ2-Steckern kompatibel, da es sich um den amerikanischen „Charge port“ von Tesla handelt. Doch dafür gab es schnell die entsprechende Lösung – vor allem für E-Mobility-Insider wie David und Christian Gruber. Der passende Adapter ließ nicht lange auf sich warten, um zumindest einphasig Wechselstrom an Schnellladesäulen beziehen zu können. Meistens wird das Fahrzeug jedoch zu Hause per NRG-Kick-Kabel einphasig geladen.

Was vielleicht etwas hinderlich war, gerade in den heutigen „Smart-Cars“, dass das Internet und Navi zu dem Zeitpunkt des Testens nicht verfügbar war. Das Fahrzeug trägt einfach noch viele amerikanische Gene in sich, die erst noch nachträglich adaptiert werden müssen.

Das größere Handicap ist jedoch die fehlende Supercharger-Unterstützung in Europa, sowohl hardware- als auch softwareseitig. Angeblich gibt es aber Möglichkeiten, die amerikanische Steckerbuchse auf Typ2 umzurüsten, was natürlich weitaus praxistauglicher wäre.

Unterschiede gibt es auch im Lichtdesign – so sind in Europa (meines Wissens) weißen Blinker nicht zugelassen und für Fern- und Abblendlicht gibt es in Amerika und Europa unterschiedliche Regelungen. Dass dann auch noch die Software und das gesamte Bordsystem in Englisch ist, nimmt man als „Earliest Adopter“ wahrscheinlich mit einem gelassenen Lächeln hin. Aus all diesen Gründen war das Model 3 zu dem Zeitpunkt noch mit einem blauen Probefahrt-Kennzeichen zugelassen.

Tesla Model 3 HeckansichtAber hier waren die beiden Gruber-Brüder bereits damals zuversichtlich, dass sie es dank einiger Adaptierungen zu einer Einzelzulassung schaffen werden. Fast zwei Monate später scheint dies geglückt zu sein, da das erste Model 3 Österreichs nun auch offiziell zum Verkauf als „zulassungsfähig“ angeboten wird.
Siehe: www.autoscout24.at/angebote/tesla-others-model-3-zulassungsfaehig

Fahrverhalten des kalifornischen Kompakt-Stromers

Kommen wir aber nun zum Wichtigsten – dem Fahrspaß: Der ist Tesla-typisch wieder absolut atemberaubend. Obwohl es sich nicht um die Performance-Version handelt und auch ohne Allrad auskommen muss, schiebt der kleine Bruder des Model S mit einer Space X-ähnlichen Beschleunigung weg wie eine Rakete. Beim Bremsen hingegen muss ich fester wie gewohnt hineinsteigen; als Renault ZOE-Fahrer bin ich aber wahrscheinlich dessen extrem direkt ansprechendes Bremspedal gewohnt.

Subjektiv empfinde ich das Model 3 als noch leiser und ruhiger im Innenraum als seine großen Brüder. Ich denke mal, bei den Dämmungen wurde gegenüber dem teureren Model S und X nicht gespart. Allerdings handelt es sich wie gesagt um Hinterradantrieb, dessen Motor im Heck untergebracht zusätzlich für entspannende Stille sorgt. Trotz auch einigen eher sportlich gefahrenen Kurven, fegt das Auto wie auf Schienen durch die gebirgigen Kurven. Hier gibt es wirklich absolut nichts zum Meckern.

Das Cockpit kommt „ohne“ aus

Als Elon Musk ankündigte einen Tesla für die Masse zu bauen, hat vermutlich niemand damit gerechnet, dass sich der Innenraum bzw. vor allem das Cockpit so drastisch verändern würde. Ich habe es zuvor nur auf Fotos gesehen. Es ist mit Sicherheit, das minimalistische Cockpit, was je in einem modernen Serienfahrzeug verbaut wurde.

Ein Lenkrad mit zwei Rundknöpfen, eine Tischkante aus elegantem Holz und ein 15-Zoll-Display, welches einem kleineren iMac ähnelt und für einen Arbeitsplatz-Monitor eigentlich zu weit rechts sitzt. Die einzigen mechanischen Knöpfe sind auf die Fensterheber, Türöffner, zwei am Lenkrad und der Warnblinkanlage beschränkt – okay und die vier Innenraumleuchten. Was für den einen total faszinierend erscheinen mag, denn „Weniger ist mehr.“, findet so mancher vielleicht doch etwas zu ernüchternd.

Es ist einfach total ungewohnt, ein Auto zu steuern, wo hinter dem Lenkrad absolut nichts ist. Der Tacho, Navi, Batterieanzeige, Rekuperation, Blinker, Warnleuchten – einfach Alles wird in dem quer angeordneten Monitor, welcher eine perfekte Auflösung und sehr gute Lesbarkeit auch bei schlechten Lichtverhältnissen hat, angezeigt.

Ich persönlich empfinde es etwas mühsam, alleine wegen der Geschwindigkeit immer den Kopf nach rechts zu schwenken – gerade jetzt mit meiner kürzlich erstandenen Gleitsichtbrille. Vor allem in der Nacht ist es auch sehr ungewohnt, keine direkte Anzeige im Blickfeld zu haben. Obwohl dies durchaus von Vorteil sein kann, da die Augen nicht so abgelenkt werden.

Lenkrad und Touchscreen

Um gleich mit ein paar im Internet kursierenden Gerüchten aufzuräumen: Den Tempomat muss man nicht zwingend über das Display einstellen. Rechts beim Lenkrad befindet sich der Hebel für die Fahrstufen (D, N, R), der auch zur Bedienung des Tempomaten und des Autopiloten zu verwenden ist. Während der Fahrt einmal nach unten gedrückt, aktiviert sich der adaptive Tempomat. Der Abstand zum vorderen Fahrzeug kann dann über den linken runden Schalter am Lenkrad eingestellt werden. Die Geschwindigkeit des Tempomats kann man mit dem rechten Knubbelchen einstellen. Zum Deaktivieren drückt man den Hebel wieder nach oben oder steigt einfach auf das oder Bremspedal.

Den Autopiloten (derzeit Level 2) aktiviert man über zweimaliges Ziehen des Hebels nach unten. Diese Art der Bedienung funktioniert so weit sehr gut. Wie gut die Fahrassistenz-Systeme in der Praxis funktionieren, konnten wir zu wenig testen, da wir hauptsächlich auf Bergstraßen unterwegs waren, wo eine Verwendung des Autopiloten zum jetzigen Entwicklungsstand sowieso nicht zu empfehlen sind.

Leider ging es sich zeitlich und auch aufgrund der gewählten Straßen nicht aus, den Autopilot zu testen. Ein Bekannter, der dieses Model 3 auch gefahren hat, bestätigte mir, dass der Autopilot auf der Autobahn sehr sicher und zuverlässig war – mindestens so gut wie in den anderen Tesla-Modellen und man das Lenkrad bereits in längeren Intervallen unberührt lassen kann.

… weiter geht es dann in Folge 02 unseres Tesla Model 3-Tests… diese wird jedoch nicht so lange auf sich warten lassen. Hoffe ich. 😉

Spezielle Fragen zum „TM3“, könnt ihr mir gerne als Kommentar hinterlassen. Gerne werde ich diese für euch beantworten.

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7 Kommentare zu „Tesla Model 3 im eintägigen Praxistest Folge 01“

  1. Danke für diesen sehr ehrlich wirkenden Test, der interessanteste seit langem.
    In wirklichkeit will nämlich kaum jemand so ein dreirädriges Gefährt oder
    irgendein leichtes Geschwür auf Rädern, daß als „Stadtfahrzeug“
    angepriesen wird; die Menschen wollen ein vollwertiges, ordentliches Auto –
    einerseits wie gewohnt, andererseits emissionsfrei und topmodern. Es will auch
    niemand 40000 ausgeben für ein schwächlich konstruiertes Gefährt ohne
    nennenswerte Reichweite – die unzähligen I3 am Gebrauchtwagenmarkt sprechen
    Bände. Tesla hat nicht als einziger Hersteller verstanden, was die Mehrheit will;
    Musk ist aber der Einzige, der bereit ist, das zu bauen. Das ist der Unterschied!
    Merke: Die Industrie baut niemals die besten Produkte, sondern nur die Sachen,
    die sich am besten verkaufen lassen. Je besch…eidener ein Ding, desto mehr
    wird halt Werbung betrieben, bis die Dummen endlich zugreifen. Sorry, klingt
    unbequem, ist aber wahr.

  2. Ich muss auch sagen, dass mich die fehlende Geschwindigkeitsanzeige im Fokus sehr irritiert. Es ist ein schönes Fahrzeug und an sich gefällt mir den cleane Look. Aber noch so vielen Jahren anderer Gewohnheit, fällt es mir schwer, das für mich zu adaptieren. Schöner Beitrag mit schönen Bildern von den Fahrten!

    LG

    1. Vielen Dank für das nette Feedback. Ja – mir geht es ähnlich. Ich meine, das Model 3 ist jetzt auch nicht das allererste Auto, bei dem die Hauptinstrumente mittig angeordnet sind.

      Ich denke da an dem Citroën C4 Picasso, Toyota Verso oder die älteren Generationen des Renault Espace. Hierzu gibt es auch einen interessanten Artikel im Spiegel aus dem Jahre 2013: http://www.spiegel.de/auto/aktuell/tacho-und-drehzahlmesser-vorteile-von-fahrzeug-cockpits-in-der-mitte-a-914260.html

      Aber hier beim Model 3 ist es doch noch etwas radikaler umgesetzt. Bei den meisten anderen Mittel-Instrument-Lösungen verschmilzt das mittige Cockpit irgendwie mehr mit dem gesamten Armaturenbrett und ist weiter weg Richtung Windschutzscheibe positioniert, wodurch man beim Scharfstellen der Augen im gleichen Bereich bleibt.

      Irgendwo finde ich es auch etwas schade, dass fast jedes 2. digitale Gerät wie ein iphone aussieht. Ob jetzt Smartphone, Tablett, Smart-TV, Monitore, … fast alles schaut gleich aus, und die Auto-Cockpits sind jetzt auch dran, dass sie immer mehr aus Monitoren bestehen werden.

      Der Urban EV von Honda z.B. schaut ja soweit von außen ganz nett aus, aber das Cockpit – weiß nicht, wo bleibt da das Design?
      https://motor.at/news/hondas-elektroauto-kann-ab-anfang-2019-bestellt-werden/400006724
      Möchten wir alle 80% unseres Alltags nur hinter Monitoren verbringen?

      Fehlt nur noch, dass in der Zukunft die Autos außen auch aussehen wie Smartphones… aber dafür wurde auch schon der Grundstein gelegt. Siehe hier:
      https://www.speedheads.de/auto-news/toyota-fun-vii-concept-star-trek-technologie-im-auto-0006438.html

  3. Pingback: Tesla Model 3 im eintägigen Praxistest Folge 01 – Emobil

    1. Das stimmt. Der Gebrauchtwagenmarkt bei Elektroautos wird immer größer und interessanter. Vor allem auch durch die langen Lieferzeiten (bei manchen Modellen über 1 Jahr) eine werdende Konkurrenz zum Neuwagengeschäft, da diese Elektroautos dann wenigstens lieferbar sind. ?

      Zuletzt habe ich einen Tesla Model S in einem Gebrauchtwagenportal gesehen, der hatte über 400.000 km drauf. Das ist schon verblüffend wie lange manche E-Autos halten.

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